5 Elemente
Sie sind der Kern und das Zentrum der klassischen Naturheilkunde. Zusammen ergeben sie eine einzigartiges ganzheitliches Naturheilverfahren. Schauen Sie selbst!
Wasser | Heilpflanzen | Lebensstil | Ernährung | Bewegung
1. Wasser
Die Wasseranwendungen stellen das erste Element in der Naturheilkunde nach Kneipp dar. Es wird Wasser als Flüssigkeit, als Dampf oder als Eis verabreicht. Nicht zu vergessen die innere Anwendung durch Trinken von Wasser.
Die Naturheilkunde nach Kneipp kennt über 100 verschiedene Wasseranwendungen. Jede dieser Anwendungen bietet einen spezifischen Reiz für den Körper und veranlasst ihn zu positiven und heilenden Reaktionen. Jede dieser Anwendungen ist auch durch eine spezielle Reizstärke gekennzeichnet und kann somit auf die jeweilige individuelle Situation angepasst werden. Insbesondere bei vorliegenden Grunderkrankungen ist es empfehlenswert, die Wahl und Dosierung der jeweiligen Anwendung gemeinsam mit einem Therapeuten festzulegen.
Zur Prävention beim gesunden Menschen sind die folgenden Anwendungen mit Wasser zu empfehlen: kalte Dusche, Wechseldusche, Barfuss-, Tau- oder Schneegehen, Armbad (kalt), Knieguss (kalt), Augenbad (kalt) und die Sauna. Für Details dazu siehe den weiterführenden Artikel.
Diese Anwendungen können leicht erlernt und vergleichsweise einfach in den Alltag integriert werden. Ihre Wirkungen sind bewährt und vielfach nachgewiesen. Gemeinsam ist ihnen ein jeweils spezifisches Maß an Abhärtung, das erworben werden kann. Durch diese Anwendungen kann neben den spezifischen lokalen Wirkungen auch eine generalisierte Wirkung für den Gesamtorganismus erreicht und so z.B. die Anfälligkeit für infektiöse Krankheiten gesenkt werden.
„Wasser ist das vorzüglichste und allgemeinste Heilmittel“ (Sebastian Kneipp)
2. Heilpflanzen
Anwendung von Heilpflanzen hat eine lange Tradition in der Naturheilkunde. Schon in der Antike wurden Heilpflanzen für therapeutische Zwecke eingesetzt. Auch die heutige Naturwissenschaft bzw. die moderne Pharmazie verfolgt das Ziel, therapeutisch wirksame Substanzen aus den Heilpflanzen zu bestimmen und zu isolieren. Dies hat auch Erfolg, so dass einige der gebräuchlichen Medikamente Stoffe verwenden, welche ursprünglich aus Pflanzen gewonnen wurde, so z.B. gewisse Herzmittel (z.B. Digitalis) oder Antibiotika (z.B. Penicillin).
Heute werden Heilpflanzen, die meistens eher mild wirken, vor allem dafür eingesetzt, den Einsatz von konventionellen Medikamenten, die stärkere Nebenwirkungen haben, hinauszuzögern. Oder aber sie unterstützen parallel deren Einsatz, so dass die Dosierung chemischer Medikamente geringer ausfallen kann. Bei der Phytotherapie gilt wie bei der Naturheilkunde insgesamt: Sie ist nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung für die Schulmedizin zu sehen.
Einige Beispiele für bekannte Heilpflanzen wären: Eukalyptus (bei Atemwegserkrankungen), Weißdorn (bei Herzschwäche), Rosskastanie (bei Venenleiden), Löwenzahn (bei Erkrankungen von Leber und Galle), Melisse (bei Problemen mit der Verdauung) und Gingko (bei frühen Stadien der Demenz).
Von Kneipp wurde der Satz überliefert: "Wenn einer ein Dutzend solcher Kräuter kennt und deren Wirkung, so kann er unendlich vielem Unheil vorbeugen." Eine solche Zusammenstellung von 12 Heilkräutern, die Kneipp vielfach eingesetzt hat und die einen breiten Wirkungsbereich haben, finden Sie in unserem weiterführenden Artikel.
„Es ist doch nicht denkbar, dass der Schöpfer bei den vielen Kräutern.... nicht auch die Absicht gehabt hat, den Leidenden dadurch ein Hilfsmittel für Körpergebrechen zukommen zu lassen“ (Sebastian Kneipp)
3. Lebensstil
Das Element Lebensstil weist am deutlichsten auf den ganzheitlichen Ansatz der Naturheilkunde nach Kneipp hin und gilt auch als zentrales Element dieser Heilkunde. So wusste Kneipp schon damals, dass der Lebensstil des Einzelnen einen wesentlichen Einfluss auf die Erhaltung seiner Gesundheit hat. Deshalb schrieb er auch sein zweites Buch mit dem Titel "So sollt Ihr leben". Darin befasst er sich mit vielen praktischen Themen des täglichen Lebens. So wies er darauf hin, dass es wichtig sei, sich täglich der frischen Luft auszusetzen. Gleiches gilt für Licht und Sonne, natürlich in Maßen. Sowohl der Körper als auch die Psyche würden davon profitieren. Wärme und Kälte als natürliche Reize dienen der Abhärtung. Ausführlich äußert sich Kneipp über die Kleidung. Hier kritisierte er zum Beispiel einschnürende Kleidung wie das Korsett oder zu enge Schuhe bei Frauen. Heute würde er vermutlich das Gleiche über enge Jeans oder High Heels sagen. Kleidung im Sinne Kneipps sitzt locker und behindert den Luftaustausch nur gering. Kneipp äußert sich ebenfalls zum Wert der Arbeit, insbesondere der körperlichen Arbeit. Er weist dabei aber gleichzeitig auf die Notwendigkeit von Ruhe und Bewegung hin - auch hier käme es auf das richtige Maß an. Selbst zu der Gestaltung von Wohnungsraum finden sich Hinweise. Aspekte zur schulischen Erziehung sowie die Betonung von eigen bestimmten Tätigkeiten der Schüler und dem Fördern des Gespräches runden seine Empfehlungen ab.
Kneipp erkannte früh, dass die Ursache zahlreicher Krankheiten in bestehenden Lebensverhältnissen zu suchen sind. Heute sprechen wir von Zivilisationskrankheiten. Also Krankheiten, die als Konsequenz eines ungesunden Lebensstils und krankmachender Umwelteinflüsse einzustufen sind. An der Spitze der Todesursachen aufgrund von Zivilisationskrankheiten mit fast 50% aller Opfer sind heute insbesondere die Herz- und Kreislauferkrankungen zu nennen. Auch der Diabetes Mellitus Typ 2 oder die Gicht, ja sogar die Karies gehören zu dieser Gruppe.
Als einer der Schwerpunkte des Elements Lebensstil wird heute der Aspekt der Entspannung oder Balance gesehen. Empfohlene therapeutische Verfahren zur Erlangung einer seelischen Balance wären z.B. die progressive Muskelentspannung nach Jacobsen, das autogene Training oder die christliche Meditation. Diese Schwerpunktsetzung hat einerseits ihre Richtigkeit. Jedoch wäre es eine unsachgemäße Verengung, wenn das Element Lebensstil nur darauf reduziert würde.
Der Lebensstil stellt deshalb den zentralen Aspekt der Naturheilkunde nach Kneipp dar, weil die anderen Elemente ohne eine Berücksichtigung dieses Elementes in ihrer Wirksamkeit eingeschränkt oder sogar gänzlich ohne Wirkung wären. Dazu nochmals ein Zitat von Kneipp: "Erst als ich daran ging, Ordnung in die Seelen meiner Patienten zu bringen, hatte ich vollen Erfolg". Diese gegen Ende seines Lebens von ihm getätigte Aussage kann als Zusammenfassung seiner langjährigen Erfahrung angesehen werden. Sie deckt sich mit der schon lange existenten, aber im Laufe der Jahrhunderte leider unterschiedlich gewerteten Feststellung, dass es einen zentralen Zusammenhang zwischen Psyche und Körper gibt. In der Schulmedizin findet sich das entsprechende Wissen heute schwerpunktmäßig im Gebiet der Psychosomatik und der Ordnungstherapie.
Hier möchten wir noch auf ein Interview von Radio Horeb mit Prof. Dr. Adalbert Keller, der u.a. Kurseelsorger in Bad Wörishofen ist, zum Thema "Lebensordnung - der Innere Arzt" hinweisen. Das interessante und informative Interview (Laufzeit ca. 01:30:00) finden Sie h i e r.
"Gesundheit bekommt man nicht im Handel, sondern durch den Lebenswandel" (Sebastian Kneipp)
4. Ernährung
Im 19. Jahrhundert wurde dieses Element zuerst durch Johann Schroth in die "Naturheilkunde nach Kneipp" integriert. Anlass war, dass aufgrund der zunehmenden Industrialisierung der Nahrungsmittelproduktion eine deutliche Verschlechterung der Ernährungsgewohnheiten beobachtet wurde. So wurden Konserven und Fertigprodukte, welche qualitativ minderwertig waren, eingeführt. Hinzu kam, dass die Preise von Weißmehl und Zucker deutlich sanken und damit deren Verbrauch stark anstieg. Von einer gesunden Ernährung bei der einfachen Landbevölkerung entfernte man sich zusehends. Dieser bedenklichen Entwicklung versuchte die Naturheilkunde entgegenzusteuern. So gab Kneipp später auch einige Ernährungstipps heraus, z.B.:
"Was nun die Kost betrifft, so soll eine solche gewählt werden, welche gesund, nahrhaft und leicht verdaulich ist." - "Die Zubereitung der Speisen soll einfach und ungekünstelt sein. Je näher sie dem Zustand kommen, in welchem sie von der Natur geboten werden, desto gesünder sind sie." .... "Im Maße liegt die Ordnung. Jedes Zuviel und jedes Zuwenig stellt Krankheit an Stelle der Gesundheit"
Der allgemeine Ernährungsansatz der Naturheilkunde ist die sogenannte Vollwertkost. Bei ihr sind so bekannte Empfehlungen zu finden wie der regelmäßige Verzehr von Obst, möglichst lokal bzw. regional geerntet. Aber auch die Warnung vor zu häufigem Fleischverzehr. Bis zum Auftreten von Kneipp war der Vegetarismus in der Naturheilkunde obligatorisch. Kneipp jedoch forderte keinen vollständigen Fleischverzicht mehr. Er empfahl jedoch, den Genuss von Fleisch auf wenige Mahlzeiten in der Woche zu beschränken und dabei hochwertiges Fleisch zu verwenden. Eine Empfehlung, die auch heute noch gilt. Ein moderner Ansatz dieser so verstandenen Vollwert-Ernährung findet sich zum Beispiel bei Leitzmann et.al. mit der sogenannten Gießener Formel.
Ziel der Berücksichtigung der Ernährung als Element in der Naturheilkunde ist es immer, eine dauerhafte Ernährungsumstellung zu erreichen. Ein nachhaltiger positiver Einfluss ist, außer bei akuten Erkrankungen erfahrungsgemäß nicht von einer zeitlich begrenzten Diät zu erwarten. Es geht darum, eine dauerhafte Umstellung des Stoffwechsels durch neue Ernährungsgewohnheiten zu erreichen. Auch die bleibende Gesundung des sogenannten Mikrobioms, also der bakteriellen Besiedelung des Darms, spielt dabei eine wichtige Rolle. All dies kann nur erreicht werden, wenn es zur dauerhaften Umstellung der Ernährung kommt.
"Der Weg zur Gesundheit führt durch die Küche" (Sebastian Kneipp)
5. Bewegung
Über den Wert der Bewegung wird heute regelmäßig publiziert und es gilt als unbestritten, dass jeder in seinem Alltag auf ausreichende Bewegung achten sollte. Dass dieses Element in die Naturheilkunde nach Kneipp aufgenommen wurde, liegt unter anderem daran, dass mit Beginn der Industrialisierung der Mangel an gesunder Bewegung kontinuierlich abnahm. In der heutigen Welt haben die Möglichkeiten zur gesunden Bewegung im Alltag sogar noch weiter abgenommen, so dass ihr Wert regelmäßig betont werden sollte. Hierbei wird zwischen aktiver und passiver Bewegung unterschieden. Der Schwerpunkt der Naturheilkunde liegt auf der aktiven Bewegung, z.B. im Sinne von Ausdauersportarten zur Verbesserung der allgemeinen Kondition. Aber auch die passive Bewegung, wie z.B. Massagen zur Lösung von Verspannungen spielen eine Rolle.
Eine ideale Maßnahme könnte für viele Menschen die Gartenarbeit darstellen Sie findet an der frischen Luft statt, man setzt sich natürlichen Reizen wie Sonne und Wärme oder Kälte aus und man bewegt sich. Das man gleichzeitig noch dem Element "Heilkräuter" zuarbeiten kann, indem man Heilpflanzen pflegt, ist sicher ein interessanter Nebenaspekt.
Das Element der Bewegung hat einerseits gesundheitliche Auswirkungen wie z.B. Verbesserung der Kreislauffunktion, Steigerung der Beweglichkeit sowie Verbesserung von Stoffwechselfunktionen. Auch eine Steigerung der Stressresistenz sowie der körperlichen und seelischen Belastbarkeit ist oft zu beobachten. Andererseits hat die Bewegung auch psychosoziale Aspekte wie Förderung der sozialen Kommunikation, Regulation der Stimmung, Erleben direkter Freude bei der Bewegung und ähnliches.
Das Ziel, das Element Bewegung in den üblichen Alltag zu integrieren, ist deshalb ein lohnendes Ziel. Die Spannbreite kann dabei vom Vorsatz des Meidens von Aufzügen und Laufen von Treppen über die Anschaffung eines Hundes bis zum Beitritt in einen Sportverein oder dem regelmäßigen Besuch eines Fitnesscenters reichen. Oder einfach nur Laufen und Wandern, sowohl auf dem Flachland als auch in den Bergen. Wählen Sie das aus, was zu Ihnen passt - hier sind der Individualität und Kreativität keine Grenzen gesetzt.
"Untätigkeit schwächt. Übung stärkt. Überlastung schadet." (Sebastian Kneipp)