Grundlagen der klassischen Naturheilkunde
Einleitung | Naturheilkunde versus Schulmedizin | Eignung | Prinzipien
Einleitung
Der ganzheitliche Ansatz der Naturheilkunde nach Kneipp wird sowohl in der Zusammenstellung als auch der Ausgestaltung der fünf Elementen, aus denen sie besteht, sichtbar. Gemäß des Zitats "Gesundheit bekommt man nicht im Handel, sondern durch den Lebenswandel" (Sebastian Kneipp) steht der Lebensstil als erstes Element dabei im Mittelpunkt. Kneipp hatte die herausragende Bedeutung dieses Elements erkannt, indem er die Erfahrung machte: "Erst als ich daran ging, Ordnung in die Seelen meiner Patienten zu bringen, hatte ich vollen Erfolg". Dies ist gleichzeitig der Punkt, der den ganzheitlichen Ansatz seines Naturheilverfahrens am deutlichsten ausdrückt.
Das zweite Element ist das Wasser. Eine Unterstützung der Wirkung der Wasseranwendungen wird drittens durch die Anwendung von Heilpflanzen ermöglicht, die aber natürlich auch separat eingesetzt werden können. Die Bedeutung der weiteren beiden Elemente Bewegung und Ernährung bedürfen heutzutage kaum mehr einer besonderen Betonung. Kaum eine ernsthafte Diskussion über gesunde Lebensweise kommt heute ohne einen Bezug zu diesen beiden Elementen aus.
Naturheilkunde versus Schulmedizin
Der Spannungsbogen zwischen Schulmedizin und Naturheilkunde lässt sich nicht vollständig auflösen. Beide haben unbestreitbare Erfolge vorzuweisen; beide haben aber auch Schwächen. Aus diesem Grunde stufen wir die Naturheilkunde nicht als Alternative zur wissenschaftlichen Medizin, sondern vielmehr als Ergänzung, als sogenannte Komplementärmedizin, ein. Ganz im Sinne von: "Es gibt keine Schulmedizin und Alternativmedizin, sondern es gibt nur wirksame und nicht wirksame Medizin". Es gilt damit ein "Sowohl als Auch" und nicht ein "Entweder - Oder". Die Naturheilkunde hat dabei ihre Stärken in der Vorbeugung (Prävention) und der Wiederherstellung (Rehabilitation). In der Therapie von Krankheiten kann sie unterstützen und somit zum Heilerfolg der Schulmedizin mit beitragen.
Eignung der Naturheilkunde
Prinzipiell ist die Naturheilkunde für jede Person geeignet. Bei bestehenden Vorerkrankungen ist jedoch eine ausführliche Anamnese als Voraussetzung für ihre Anwendung dringend empfohlen. Allgemein kann gesagt werden, dass die Begriffe "Naturheilkunde" und "Naturheilverfahren" auf zwei Implikationen beruht. Erstens sollen bei diesem Heilverfahren die Heilkräfte, welcher dem menschlichen Körper innewohnen, aktiviert und gestärkt werden. Zweitens werden Heilmittel eingesetzt, welche von der Natur in unserem Lebensumfeld angeboten werden, wie z.B. Wasser, Heilpflanzen usw... Hier geht es also um die Natur in einem erweiterten Sinne. Eine regelmäßige Anwendung des Heilverfahrens auch im persönlichen Alltag wird erfahrungsgemäß eher von einem Personenkreis praktiziert, der einen engeren Bezug zur Natur hat. Obwohl auch hier Ausnahmen die Regel bestätigen, kann man wohl sagen: Die Naturheilkunde ist besonders für Personen geeignet, welche die Natur lieben (wie der Namen eben schon sagt :-)).
Prinzipien der Naturheilkunde
1) Naturwärme
Die Natur- oder Körperwärme spielt insbesondere bei dem Element Wasser eine wesentliche Rolle. Wasseranwendungen zielen darauf ab, die Wärme und damit die Durchblutung in allen Körperteilen in ein gesundes Maß zu bringen. Dies gilt sowohl für den Körperstamm samt den inneren Organen als auch für die Körperextremitäten. Nur ein Körper, der in seiner Gesamtheit gut durchblutet ist und die entsprechende "Naturwärme" aufweist, ist ein gesunder Körper.
2) Abhärtung
"Die Abhärtung ist ein für alle Male die Hauptsache; wo diese fehlt, da fehlt auch die richtige Gesundheit und Kraft" (Sebastian Kneipp). Das Wesen der Abhärtung wird sinngemäß folgendermaßen beschrieben: "Abhärtung ist ein besonderes Vermögen des vasomotorischen Nervenapparates. Dieser ist durch ein kontinuierliches Training in der Lage, wechselnde thermische Reize auszugleichen. Der Körper wird also durch Abhärtung in die Lage versetzt, dass er sowohl starke Hitze- als auch Kältereize ausgleichen und verarbeiten kann, ohne daran zu erkranken." (Dr. Alfred Baumgarten).
3) Gewohnheiten
Die Naturheilkunde entfaltet ihre mögliche Gesamtwirkung erst, wenn sie in den Alltag integriert wird. Entsprechend ist es wichtig, gute Gewohnheiten zu entwickeln. Es geht um eine dauerhafte Änderung der Lebensweise und nicht nur, aber selbstverständlich auch, um eine kurzfristige Verbesserung krankhafter Zustände.
4) Disziplin
Die Notwendigkeit einer Abhärtung des Körpers und der Entwicklung von Gewohnheiten erfordert persönliche Disziplin. Der Ausspruch von Sebastian Kneipp "Wer nicht jeden Tag ein wenig Zeit und Geld für seine Gesundheit einsetzt, muss vielleicht eines Tages viel Zeit und Geld für seine Krankheit opfern" spiegelt die Erfahrung wider, die er selbst und viele andere im Laufe der Jahre gemacht haben. Wer es nicht gelernt hat, ein gewisses Maß an Selbstdisziplin aufzubringen, wird nur wenig nachhaltige Erfolge mit der Naturheilkunde erzielen können. Deshalb sollten Fortbildungen zu diesem Heilverfahren immer auch Anregungen zur Steigerung der Fähigkeit zur Selbstdisziplin beinhalten. Ein Zusammenschluss und gemeinsame Aktivitäten in Gruppen helfen ebenfalls dabei, das notwendige Maß an Disziplin aufzubringen.
5) Fordern, aber nicht Überfordern
Das rechte Maß zu finden ist bei der Ausübung der Naturheilkunde ebenfalls wichtig. So erzielt man Erfolge bei der Abhärtung am besten durch eine langsame Steigerung der "Dosis". Schmerzen bei der Ausübung von Kältereizen oder der Bewegung etc. sollten vermieden werden. Es gilt das Prinzip, dass der geringste Reiz, der noch eine Wirkung erzielt, der beste Reiz ist! Das Heilverfahren eignet sich also nicht für Wettbewerbe im Sinne von "Ich bin derjenige, der am meisten aushält!", sondern es ist eine individuelle angepasste Angelegenheit. Die persönlichen körperlichen Grenzen werden kontinuierlich, aber behutsam erweitert. Es gilt der Satz: "Untätigkeit schwächt. Übung stärkt. Überlastung schadet" (Sebastian Kneipp)